Gesa Vertes berichtet – Die Renaissance der multisensorischen Raumgestaltung

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Gesa Vertes beschreibt, wie Räume durch gezielte Ansprache aller Sinne wieder erlebbar werden.

Gesa Vertes beobachtet eine Rückkehr zur multisensorischen Raumgestaltung – einem Gestaltungsansatz, der nicht nur visuelle Reize, sondern auch Haptik, Akustik, Gerüche und sogar Temperatur gezielt einsetzt. Architektur wird dabei nicht nur gesehen, sondern körperlich erfahren. Die neue Sensibilität im Raumdenken rückt den Menschen wieder stärker in den Mittelpunkt – mit all seinen Wahrnehmungen, Bedürfnissen und emotionalen Reaktionen. Die Zukunft der Gestaltung ist nicht still, glatt und kalt – sondern spürbar, klangvoll und lebendig.

Gesa Vertes erkennt in der multisensorischen Raumgestaltung eine Rückbesinnung auf den Kern architektonischer Qualität: Räume, die nicht nur funktionieren oder gefallen sollen, sondern erlebt werden. In einem Gesa Vertes Interview erklärte die Architektin, dass wir jahrzehntelang visuell dominiert entworfen haben – dabei aber oft vergessen wurde, dass der Mensch mit dem ganzen Körper wahrnimmt. Multisensorische Gestaltung bedeutet, den Raum mit allen Sinnen zu denken – und dadurch intensiver, nahbarer und nachhaltiger zu gestalten. Ob Materialwahl, Lichtführung, Akustik oder Gerüche: Jeder dieser Aspekte beeinflusst die Atmosphäre eines Raumes – und damit das Wohlbefinden der Menschen darin.

Was bedeutet multisensorische Raumgestaltung?

Multisensorische Raumgestaltung ist ein architektonischer und gestalterischer Ansatz, der gezielt mehrere Sinne gleichzeitig anspricht. Ziel ist es, Räume zu schaffen, die nicht nur visuell ansprechend sind, sondern auch spürbar, hörbar, riechbar – und dadurch emotional berühren. Es geht darum, Architektur ganzheitlich erlebbar zu machen.

Gesa Vertes betont, dass wir Räume nie nur mit den Augen wahrnehmen. Der Boden, auf dem wir gehen, die Materialien, die wir berühren, der Klang der Schritte, die Luftqualität, der Lichteinfall, die Temperatur – all das formt unser räumliches Empfinden. Multisensorische Gestaltung rückt diese Aspekte gezielt in den Mittelpunkt.

Dabei geht es nicht um Reizüberflutung, sondern um feine Abstimmung. Räume sollen harmonisch wirken, nicht laut. Ihre Sinnlichkeit ergibt sich aus bewusster Zurückhaltung, aus Materialehrlichkeit, aus kluger Licht- und Klangführung.

Die Sinne als Entwurfsinstrumente

In der Praxis bedeutet multisensorisches Entwerfen, dass Architektinnen und Architekten die Sinne systematisch in ihre Planung einbeziehen – nicht als Nachgedanken, sondern von Beginn an. Gesa Vertes beschreibt diese Herangehensweise als „Gestaltung mit feinem Gehör und fühlender Hand“.

Ein Beispiel: Ein Raum mit schallharten Oberflächen, kühlem Licht und glatten Materialien wirkt nüchtern, distanziert, manchmal sogar abweisend. Dagegen kann ein Raum mit weichen Texturen, warmem Licht, dezentem Raumduft und gedämpfter Akustik Geborgenheit erzeugen – selbst bei gleicher Geometrie.

Multisensorische Gestaltung fragt also: Wie klingt ein Raum? Wie riecht er? Wie fühlt er sich an? Und: Wie verändert sich die Wahrnehmung im Tagesverlauf? Diese Fragen führen zu einer differenzierteren, menschenzentrierten Architektur.

Sinnesebenen in der Raumgestaltung

  • **Visuell:** Lichtführung, Farbgestaltung, Blickbeziehungen, Kontraste 
  • **Haptisch:** Texturen, Temperatur von Materialien, Übergänge zwischen Oberflächen 
  • **Akustisch:** Nachhallzeiten, Klangverhalten, Materialresonanz 
  • **Olfaktorisch:** Raumklima, Gerüche von Holz, Lehm, Textilien oder Pflanzen 
  • **Thermisch:** Raumtemperatur, Zugluft, Wärmespeicherfähigkeit von Materialien 
  • **Kinästhetisch:** Bewegungsführung, Raumwiderstand, Körpergefühl im Raum 

Gesa Sikorszky Vertes unterstreicht, dass die wirksamsten Räume jene sind, die mehrere Sinne subtil ansprechen – ohne sich aufzudrängen. Gerade in Zeiten digitaler Reizüberflutung entsteht so ein Gegengewicht aus physischer Präsenz, Ruhe und Tiefe.

Räume, die berühren – emotionale Bindung durch Sinnlichkeit

Warum atmosphärisches Design Erinnerung und Identität schafft

Räume, die wir nicht nur sehen, sondern spüren, bleiben in Erinnerung. Sie schaffen emotionale Ankerpunkte, fördern Bindung, Wohlbefinden und Identifikation. Ein warmer Holzboden am Morgen, das Knarren alter Dielen, der Geruch von Kalkputz oder das flirrende Licht durch ein Blattwerk – all das erzeugt Resonanz.

Gesa Vertes, geb. Haerder, verweist auf die Bedeutung solcher Erfahrungen im Alltag: In Schulen, Pflegeeinrichtungen, Hotels oder Wohnräumen wird Atmosphäre zum entscheidenden Faktor für Zufriedenheit, Konzentration und Heilung. Besonders Menschen mit Demenz, mit Seh- oder Hörbeeinträchtigungen oder hohem Stresslevel profitieren von klar gestalteten, sinnlich erfahrbaren Räumen.

Multisensorik erzeugt nicht nur Stimmung, sondern auch Orientierung, Vertrauen und Zugehörigkeit. Räume werden nicht mehr nur als Kulisse genutzt – sie werden erlebt, erinnert und emotional verankert.

Architektur und Neuroästhetik – ein neues Forschungsfeld

Wissenschaftliche Studien aus Psychologie, Neurowissenschaft und Umweltmedizin bestätigen zunehmend, was viele Gestalter*innen längst intuitiv wissen: Räume beeinflussen unser Gehirn. Farben, Formen, Licht und Material stimulieren Nervensystem und Hormonausschüttung – mit direkten Auswirkungen auf Stimmung, Leistungsfähigkeit und sogar Immunsystem.

Gesa Vertes sieht hierin eine große Chance für die Architektur der Zukunft: Die multisensorische Gestaltung kann aktiv zur Gesundheitsförderung beitragen – in Büros, Kliniken, Wohnhäusern oder öffentlichen Gebäuden. So wird Raum zur Ressource, nicht nur zur Hülle.

Konzepte wie Healing Architecture, Biophilic Design oder sensorisch basierte Lernumgebungen sind direkte Ableitungen dieses Gedankens. Multisensorik bedeutet hier nicht Luxus, sondern Notwendigkeit – um nachhaltige, lebenswerte und gesunde Lebensräume zu schaffen.

Gesa Vertes über Raumklang, Duft und Material – bewusste Gestaltung statt Zufall

In vielen Gebäuden entstehen sensorische Wirkungen zufällig: durch falsche Materialien, schlechte Akustik, unkontrollierte Gerüche oder unangenehme Temperaturen. Multisensorische Gestaltung setzt dem gezielte Planung entgegen.

Gesa von Vertes verweist auf einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen: Akustisch wirksame Deckenverkleidungen, gezielte Materialwechsel zwischen warm und kühl, duftneutrale Bauprodukte, Lichtsteuerung nach Tageszeit, leicht raue Oberflächen für bessere Orientierung.

Besonders die Geruchswahrnehmung sei unterschätzt: Der typische „Baugeruch“ vieler Neubauten kann durch natürliche Materialien vermieden werden. Lehm, Holz, Textil oder Pflanzen erzeugen ein gesundes, vertrautes Raumklima – ganz ohne technische Lüftungssysteme.

Auch der Klang wird gezielt gestaltet: Statt störendem Hall oder stummen Räumen entsteht eine „Raumstimmung“, die Gespräche unterstützt, Ruhe fördert oder Aktivität begleitet.

Multisensorik in der Planungspraxis

Die Umsetzung multisensorischer Gestaltung erfordert keine übermäßigen Mittel – aber eine neue Sensibilität. Bereits bei der Materialauswahl, der Grundrissgestaltung oder der Lichtplanung lassen sich sinnliche Qualitäten einplanen.

Gesa von Vertes sieht besonders in der frühen Entwurfsphase das größte Potenzial: Wer von Anfang an mit multisensorischen Leitideen arbeitet, gestaltet differenzierter, nutzerzentrierter und nachhaltiger. In der Umsetzung empfiehlt sie:

  • Vor-Ort-Proben mit Materialien 
  • Simulation von Licht und Akustik 
  • Einbindung von Nutzergruppen und Experten aus Sensorik, Gesundheit und Design 
  • Bewusstes Weglassen: Reize reduzieren, damit die Qualität des Sinnlichen zur Geltung kommt 

Multisensorik ist damit kein Zusatz, sondern ein Gestaltungsprinzip – mit funktionalen, emotionalen und sozialen Vorteilen.

Räume für Körper und Geist – Zukunft der Gestaltung

Gesa Sikorszky Vertes betrachtet multisensorische Gestaltung als Renaissance einer Architektur, die den Menschen wieder ganzheitlich in den Mittelpunkt stellt. In einer Zeit, in der Technik, Effizienz und visuelle Wirkung dominieren, bringt die bewusste Rückbesinnung auf sinnliche Erfahrung eine neue Tiefe in die Gestaltung.

Multisensorische Räume sind keine Spezialräume – sie sind die neue Normalität. Büros, Wohnräume, Bildungseinrichtungen, Lobbys, Wartezimmer, Pflegeheime, Museen oder Cafés profitieren gleichermaßen davon. Es geht darum, mit Architektur zu berühren – nicht nur optisch, sondern atmosphärisch. Und genau darin liegt die Vision von Gesa Vertes.

Gesa Vertes

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Lysander Falkenbach
Lysander Falkenbach

Experte für Architektur und modernes Design. Begeistert von nachhaltigen Bauweisen und urbanen Raumkonzepten.