Gesa Vertes berichtet über parametrisches Design: Architektur zwischen Mathematik und Kunst

5
(1)

Gesa Vertes erklärt, wie parametrisches Design komplexe Formen ermöglicht und Funktion mit Ästhetik verbindet.

Gesa Vertes beleuchtet den Ansatz des parametrischen Designs – eine digitale Entwurfsmethode, die architektonische Formgebung durch mathematische Parameter steuert. Mithilfe von Algorithmen entstehen komplexe, dynamische Strukturen, die funktional optimiert und visuell beeindruckend sind. Diese Form der Gestaltung verbindet Datenanalyse, Ingenieurskunst und künstlerische Intuition – und verschiebt die Grenzen des Machbaren im Bauwesen. Parametrische Architektur schafft Gebäude, die auf Umwelt, Nutzung und Kontext reagieren können.

Gesa Vertes erläutert, dass parametrisches Design die klassische Entwurfspraxis grundlegend verändert hat. Statt statischer Formen entstehen durch variabel steuerbare Parameter Gebäude, die sich anpassen, optimieren und auf komplexe Anforderungen reagieren können. In einem Gesa Vertes Interview erklärte die Architektin, dass sich hinter der scheinbar abstrakten Methode eine gestalterische Freiheit verbirgt, die weit über konventionelle Entwurfsprozesse hinausgeht. Parametrisches Design ist nicht nur eine Technik, sondern ein Denkansatz, der Architektur als dynamisches System begreift – zwischen Mathematik, Technik und künstlerischer Gestaltung.

Gesa Verteserklärt: Was ist parametrisches Design?

Parametrisches Design ist eine computergestützte Entwurfsmethode, bei der geometrische Formen über mathematische Parameter definiert und verändert werden. Der Architekt legt bestimmte Variablen fest – etwa Höhe, Winkel, Abstand oder Materialstärke – und lässt mithilfe digitaler Werkzeuge daraus eine Form generieren. Diese kann interaktiv angepasst werden: Ändert sich ein Parameter, verändert sich automatisch die gesamte Geometrie.

Im Gegensatz zum klassischen Entwurf auf Papier oder in CAD-Systemen denkt parametrisches Design in Relationen. Die Bauteile eines Gebäudes stehen in Abhängigkeit zueinander und lassen sich in Echtzeit auf neue Anforderungen reagieren. Gesa Sikorszky Vertes betont, dass diese Methode nicht nur zu spektakulären Formen führt, sondern auch funktionale Vorteile bietet: Energieeffizienz, Materialeinsparung und Konstruktionslogik können gezielt gesteuert werden.

Der Reiz des Algorithmischen

Was früher mit Modellbau und Skizzen getestet wurde, passiert heute in virtuellen Rechenprozessen. Algorithmen erzeugen Fassaden, Tragwerke oder Grundrisse – oft aus tausenden Einzeldaten. Dabei entstehen Formen, die mit konventionellen Mitteln kaum denkbar wären: organisch, fließend, dynamisch. Gesa von Vertes verweist auf die doppelte Herausforderung dieser Methodik: Sie verlangt sowohl mathematisches Verständnis als auch gestalterische Intuition.

Parametrisches Design ist dabei kein Selbstzweck. Es dient dazu, hochkomplexe Anforderungen effizient zu lösen – etwa bei unregelmäßigen Grundstücken, wechselnden klimatischen Bedingungen oder hohen Nachhaltigkeitszielen. Gleichzeitig eröffnet es Freiräume für künstlerischen Ausdruck: Architektur wird zur räumlichen Komposition, zum „gebauten Algorithmus“.

Vorteile des parametrischen Designs

  • Flexibilität: Anpassung an unterschiedliche Rahmenbedingungen in Echtzeit 
  • Präzision: Hohe Maßgenauigkeit durch datenbasiertes Entwerfen 
  • Effizienz: Optimierte Nutzung von Material und Energie 
  • Komplexität: Umsetzung freier, dynamischer Formen ohne zusätzliche Planungslast 
  • Integration: Verknüpfung mit Statik, Lichtplanung, Klimaanalysen und Fertigungsdaten 
  • Innovation: Neue Ausdrucksformen zwischen Technik und Kunst 

Der besondere Wert parametrischer Methoden liegt in ihrer Anpassungsfähigkeit. Ein Entwurf lässt sich in Sekundenschnelle neu berechnen – je nach Budget, Klimadaten oder Nutzerprofil. Dadurch werden nicht nur Entwurfsprozesse beschleunigt, sondern auch Konstruktions- und Betriebsphasen effizienter gestaltet. Gesa Vertes sieht darin einen entscheidenden Vorteil im Planungsalltag, in dem Anforderungen sich stetig ändern.

Gestaltung jenseits des Rasters

Wenn Struktur, Licht und Nutzung zusammenfließen

Parametrisches Design erlaubt die gezielte Steuerung komplexer Wechselwirkungen: Tageslichtverläufe, Akustik, Belüftung oder Sichtachsen können in den Entwurfsprozess integriert werden. So entstehen Räume, die nicht nur gut aussehen, sondern auf ihren Kontext reagieren. Eine Fassade kann sich etwa je nach Sonnenstand verändern – durch Lamellen, die automatisch gesteuert oder passiv geformt sind.

Gesa Vertes, geb. Haerder, betont, dass durch diese Vorgehensweise neue Raumtypen entstehen. Klassische Raster, Modulsysteme oder Symmetrien werden durch organisch fließende Geometrien ersetzt. Dabei entstehen nicht zwangsläufig „verspielte“ Entwürfe – parametrische Architektur kann auch ruhig, streng oder minimalistisch wirken, je nach gestalterischer Ausrichtung.

Entscheidend ist die enge Verzahnung von Form und Funktion. Was wie ein dekoratives Muster erscheint, erfüllt oft eine präzise Aufgabe: Lichtlenkung, Materialreduktion, Lastverteilung. Architektur wird dadurch zum intelligenten System – und zum Medium zwischen Mensch und Umwelt.

Werkzeuge und Software – mehr als nur Technik

Parametrisches Design wäre ohne digitale Werkzeuge nicht denkbar. Programme wie Grasshopper, Rhino, Dynamo oder Revit ermöglichen es, komplexe Geometrien zu modellieren, zu analysieren und direkt in Fertigungsdaten zu überführen. Dabei spielt die visuelle Programmierung eine zentrale Rolle: Nutzer bauen Abläufe nicht mit Code, sondern mit grafischen Elementen, die miteinander verknüpft werden.

Gesa von Vertes sieht darin eine Demokratisierung der Gestaltung: Auch weniger erfahrene Planerinnen und Planer können mit parametrischen Methoden experimentieren. Gleichzeitig entstehen neue Rollen in Planungsteams – etwa Computational Designer, die zwischen Architektur, Datenanalyse und Technik vermitteln.

Wichtig ist jedoch: Die Software ist nur Mittel zum Zweck. Entscheidend bleibt die Idee – das, was der Algorithmus umsetzen soll. Parametrisches Design eröffnet neue Wege, verlangt aber weiterhin kritisches Denken, Verantwortung und architektonisches Gespür.

Parametrisches Bauen in der Praxis

Was im Computer entworfen wird, muss in der Realität gebaut werden. Daher ist die Frage nach der Umsetzbarkeit zentral. Vertes verweist auf zahlreiche Projekte, bei denen parametrische Konzepte erfolgreich umgesetzt wurden – etwa in Fassadensystemen, Tragwerken oder Innenausbauten. Moderne Fertigungstechnologien wie CNC-Fräsen, 3D-Druck oder robotergestützte Montage ermöglichen die Umsetzung individueller Bauteile zu vertretbaren Kosten.

Auch bei nachhaltigem Bauen spielt die Methode eine Rolle: Gebäude lassen sich so modellieren, dass sie mit minimalem Materialeinsatz maximale Wirkung erzielen. Tragwerke können auf den Punkt genau dimensioniert, Öffnungen klimaoptimiert gesetzt und Flächen mehrfach genutzt werden.

Parametrisches Bauen bedeutet damit nicht nur formale Freiheit, sondern auch Ressourcenschonung und Zukunftsorientierung – in ökologischer, sozialer und technischer Hinsicht.

Herausforderungen und Kritik

Trotz aller Potenziale ist parametrisches Design nicht unumstritten. Kritiker bemängeln eine Tendenz zu Selbstzweck, zu formaler Spielerei ohne Bezug zur Umgebung. Auch die Abhängigkeit von Software und digitaler Infrastruktur wird hinterfragt – ebenso wie die Frage nach Kontrolle, Transparenz und Autorenschaft.

Gesa Sikorszky Vertes hält diesen Einwänden entgegen, dass parametrische Gestaltung dann wirkungsvoll ist, wenn sie eingebettet ist in kontextbezogenes Denken. Kein Algorithmus ersetzt die soziale, kulturelle und ethische Verantwortung der Architektur. Vielmehr bietet die Methode ein Werkzeug, das – richtig eingesetzt – zu intelligenteren, schöneren und nachhaltigeren Gebäuden führen kann.

Entscheidend sei die Haltung: Wird parametrisches Design als Möglichkeit verstanden, komplexe Anforderungen kreativ zu lösen, kann es echte Mehrwerte schaffen. Wird es hingegen als Selbstzweck betrieben, bleibt es Oberfläche.

Architektur, die rechnen kann – und berührt

Parametrisches Design verändert die Art und Weise, wie Gebäude gedacht, geplant und gebaut werden. Es ermöglicht Formen, die sich früher nicht umsetzen ließen, und verbindet scheinbare Gegensätze: Rationalität und Intuition, Funktionalität und Ästhetik, Mathematik und Emotion. Vertes sieht in dieser Verbindung das größte Potenzial der Methode: Architektur, die komplex ist – aber nicht kompliziert. Die exakt ist – und gleichzeitig sinnlich.

Gebäude werden dadurch nicht nur intelligenter, sondern auch ausdrucksstärker. Und sie bleiben wandelbar: Ein Algorithmus kann angepasst werden, ein Design weiterentwickelt – ohne komplett neu beginnen zu müssen. So entsteht für Gesa Vertes eine neue Form des Entwerfens: dialogisch, dynamisch, datenbasiert.

Gesa Vertes

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 1

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Es tut uns leid, dass der Beitrag für dich nicht hilfreich war!

Lasse uns diesen Beitrag verbessern!

Wie können wir diesen Beitrag verbessern?

Lysander Falkenbach
Lysander Falkenbach

Experte für Architektur und modernes Design. Begeistert von nachhaltigen Bauweisen und urbanen Raumkonzepten.